Warum wird zu wenig für den Klimaschutz getan? Warum schwächeln bei Wahlen die Grünen, während rechtsextreme und populistische Parteien Erfolge einfahren? Ich denke, es liegt daran, dass die Zukunft zu sehr mit Ängsten und zu wenig mit Hoffnungen besetzt ist, und sich daher viele Menschen in eine Vergangenheit zurück sehnen, in der das Leben einfacher zu sein schien, und daher Parteien wählen, die diese Sehnsucht nach der Vergangenheit bedienen.
Ein Metier, dessen Sache Zukunftsvisionen sind, ist die Science Fiction. Aber wohin man auch schaut, die meisten Zukunftsvisionen der Science Fiction sind düster. Es überwiegen Dystopien vom Schlage des Filmklassikers Blade Runner, wenn nicht gar Endzeitgeschichten, in denen die Zivilisation durch die Folgen einer nicht nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise kollabiert, oftmals aber sind die Ursachen des Untergangs völlig irreal, wie etwa Alien-Invasionen oder Zombieseuchen. Hauptsache, die Welt, wie wir sie kennen, geht unter. „Happy End“ gibt es nur noch in Liebesschnulzen.
Mit Dystopien vor den Folgen unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems warnen zu wollen, ist verständlich, aber es trägt eine Mitschuld an den gegenwärtigen Zukunftsängsten und dem Erstarken der Rechten. Denn wer Probleme als ungelöst hinstellt, der erweckt leicht, ob gewollt oder nicht, den Eindruck, diese Probleme seien unlösbar. Und wer ein Problem für unlösbar hält, ist nicht motiviert, zur Lösung des Problems einen Beitrag zu leisten, sondern neigt dazu, geistig in eine vergangene Zeit zu fliehen, in der das Problem noch nicht existierte – oder noch nicht zu existieren schien. Kein Wunder, dass pseudo-mittelalterliche Fantasy boomt, denn sie bietet eben die Flucht in Welten, die von den gegenwärtigen Problemen nicht behelligt ist. Fantasy ist dabei noch die harmlosere Fluchtvariante, viel bedenklicher ist die Flucht in Populismus, Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien.
Dabei sind die Probleme lösbar! Die dafür erforderlichen Technologien sind bereits verfügbar, sie müssen nur in größerem Maße umgesetzt werden. Eine Energieversorgung aus 100% erneuerbaren Quellen ist machbar. Ein Verkehrssystem, das Ressourcen schont und Staus und Unfälle minimiert, ebenfalls. Und dergleichen mehr. Das ist aber ein Thema, dem sich mehr Science-Fiction-Autoren widmen können und sollten, statt den Untergang der Zivilisation herbeizuphantasieren. In der Tat gibt es bereits einige Autoren, die das tun, und die Bewegung hat sogar schon einen Namen: Solarpunk. Sie ist aber noch jung und klein, es gibt bereits einige Solarpunk-Romane (von denen ich schon welche hier vorgestellt habe), aber noch keinen Solarpunk-Blockbuster-Film.
Das Thema ist aber zu wichtig, um es allein den Science-Fiction-Autoren zu überlassen. Auch politische Parteien, NGOs und andere progressiv Bewegte sollten vom Mahnen zum Wegweisen übergehen. Wer sagt, dass „es brennt“, aber keine Fluchtwege aufweist, stößt fast zwangsläufig auf Unverständnis. Wer Probleme aufzeigt, aber keine Lösungen nennt, macht sich nicht beliebt. Wer immer nur sagt, „So nicht!“, aber die Frage „Wie denn sonst?“ unbeantwortet lässt, gewinnt keine Wahlen. Es ist also an der Zeit, positive Visionen ins Spiel zu bringen, um wieder Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu wecken! Denn wer auf eine bessere Zukunft hofft, ist weniger empfänglich für falsche Versprechungen einer vermeintlich besseren Vergangenheit.