Der neue Kalte Krieg

Frieden & Demokratie Grundfragen Zukunftsvisionen

Die Weltpolitik in den nächsten Jahren wird voraussichtlich von drei Gegensätzen geprägt werden, die sich bereits gegenwärtig abzeichnen: zum einen demjenigen zwischen dem demokratischen und dem autokratischen Lager; zum zweiten demjenigen zwischen den Befürwortern und den Gegnern einer Wende zur Nachhaltigkeit; zum dritten dem Gegensatz zwischen einer offenen Marktwirtschaft und einer Monopolwirtschaft. Die Trennlinien dieser drei Gegensatzpaare werden weitest gehend parallel verlaufen, es werden sich also ein demokratisch-nachhaltig-marktwirtschaftlicher Block und ein autokratisch-ausbeuterisch-monopolwirtschaftlicher Block herausbilden.

Warum verlaufen diese Linien parallel? Die Verbindung von Demokratie und Marktwirtschaft erklärt sich fast von selbst. Beide Systeme basieren auf dem Gedanken der Wahlfreiheit, und gehören zueinander wie die beiden Seiten einer Medaille. Dagegen sind die meisten autoritär regierten Staaten durch monopolistische Wirtschaftssysteme geprägt. Aber es ist auch so: Nachhaltigkeit funktioniert nicht ohne Demokratie und Marktwirtschaft. Nur in einer Demokratie können Menschen sich politisch frei für mehr Nachhaltigkeit, für besseren Klimaschutz engagieren – Bewegungen wie Fridays for Future sind in Diktaturen undenkbar. Nur in einem demokratischen Rechtsstaat können Bürger die Regierung auf die Einhaltung gegebener Versprechen und internationaler Vereinbarungen verklagen. Nur in einer Marktwirtschaft können Konsumenten sich für Produkte entscheiden, die auf nachhaltige, umweltfreundliche und sozial faire Weise produziert werden.

Zwar steht in den allermeisten Demokratien nicht alles zum Besten für die Nachhaltigkeit, aber wenn man Demokratien mit autoritären Regimes vergleicht, geben die letzteren diesbezüglich fast durchgängig ein noch viel schlechteres Bild ab. Weil eben die Wahlmöglichkeiten von Bürgern und Konsumenten fehlen, weil Kritik am Regime unterbunden wird und der Rechtsweg gegen die Politik der Regierung nicht offen steht, kann die Öffentlichkeit kaum Druck auf die Regierung ausüben.

In dieser Auseinandersetzung wird voraussichtlich der Europäischen Union eine wichtige Rolle zufallen. Es steht zu befürchten, dass die USA, die sich derzeit als Führungsmacht des demokratischen Lagers sehen und von vielen so gesehen werden, nach der Wahl im November in das autokratische Lager wechseln werden, wenn Donald Trump oder ein anderer Republikaner die Wahl gewinnt. Zudem entwickelt sich die Wirtschaft der USA immer mehr zu einer Monopolwirtschaft, vor allem im Bereich der Internet-Ökonomie. Auch in Europa ist diese Gefahr vorhanden, aber noch nicht so virulent wie in den USA. Womöglich wird die EU bald die größte demokratische Wirtschaftsmacht auf diesem Planeten sein.

Wer wird diesen neuen Kalten Krieg gewinnen? Wir wissen es natürlich nicht. Aber ich habe gute Hoffnung, dass das demokratische Lager aus diesem (hoffentlich friedlich bleibenden) Konflikt als Sieger hervorgehen wird. Die freien Länder haben bereits zwei Weltkriege und den Ersten Kalten Krieg für sich entscheiden können, insofern denke ich, dass auch im neuen Kalten Krieg die Chancen für einen Sieg für Demokratie, Nachhaltigkeit und soziale Marktwirtschaft gut sind. Allerdings ist das kein Selbstläufer, vor allem dann nicht, wenn die USA ins autokratische Lager wechseln, und erfordert große Anstrengungen, wie dies auch die anderen drei ähnlich gelagerten weltpolitischen Konflikte erforderten. Aber es lohnt sich, denn ein Sieg des autokratischen Lagers wäre – es braucht wohl kaum gesagt zu werden – ein Albtraum ohne Erwachen.

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