Theresa Hannig: Pantopia

Zukunftsvisionen

Pantopia von Theresa Hannig ist ein Roman über die gegenwärtige Klima-, Umwelt-, Wirtschafts- und Finanzkrise. Er spielt in der nahen Zukunft (eine Jahreszahl wird nicht genannt). Die jungen Softwareentwickler Patricia Jung und Henry Shevek entwickeln für eine Investmentfirma einen Tradebot: eine KI-Software für den Börsenhandel. Das Projekt gewinnt jedoch bald eine Eigendynamik – es entsteht eine starke, ihrer selbst bewusste Künstliche Intelligenz, die sich selbst „Einbug“ nennt (weil die beiden Entwickler von „einem Bug“ in ihrer Software sprechen). Einbug erkennt, dass das bestehende politische, wirtschaftliche und soziale System der Menschheit nicht nachhaltig ist, und sinnt darauf, es durch ein neues System abzulösen. Wohl gemerkt kommt Einbug nicht zu dem aus vielen anderen solchen Geschichten bekannten Schluss, dass die Menschen die Ursache allen Übels sind und beseitigt werden müssen, sondern erkennt, dass er nur „überleben“ kann, wenn das neue System stabil und nachhaltig ist, und macht die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und den Kategorischen Imperativ zu den Grundgesetzen seines Handelns. Um sich dem Zugriff ihrer Firma, anderer Konzerne oder des Militärs zu entziehen, provozieren Einbug, Jung und Shevek ihre Entlassung, fliehen auf eine griechische Insel und gründen die „Weltrepublik Pantopia“, die rasch Anhänger findet, aber auch mächtige Feinde auf den Plan ruft. Mehr zu der Handlung soll hier nicht verraten werden, außer dass die Handlung gut ausgeht und die „Weltrepublik“ Erfolg hat.

Was mir gefallen hat: Pantopia ist ein sehr spannender Roman, der ohne lange Infodumps auskommt und gut zu lesen ist. Und es gelingt den Protagonisten, die Welt zu retten.

Was mir weniger gefallen hat: Es wird nicht klar, wie und warum das System „Weltrepublik Pantopia“ überhaupt funktioniert; zumindest habe ich es nicht verstanden. Insofern liefert der Roman keine gute Handlungsvorlage. Ich wäre auch, ehrlich gesagt, sehr skeptisch, wenn eine solche Organisation wirklich auf den Plan träte – es würde zu sehr wie ein Schneeballsystem, eine totalitäre Sekte oder eine Kombination aus beiden anmuten. Dass eine KI dahinter steckt, würde mein Misstrauen noch verstärken. Zwischenzeitlich entwickelte ich beim Lesen sogar Sympathien für die BKA-Beamte Angelika Beerbaum, die gegen die „Weltrepublik Pantopia“ ermittelt. Die KI „Einbug“ ist ein Beispiel für einen deus ex machina, was mir grundsätzlich nicht gefällt, denn wir können auf ein solches Wunder nicht hoffen, sondern müssen die Probleme selbst in den Griff bekommen.

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