„Ich baue eine Kathedrale!“

Lebenskunst

Vor ein paar Wochen hat mir ein Freund eine kleine Geschichte erzählt. Eine ähnliche Geschichte habe ich im Netz gefunden, aber ich erzähle sie hier mal so, wie der Freund sie mir erzählt hat.

Und zwar: In einer großen mittelalterlichen Stadt wird eine neue Kathedrale gebaut. Ein Junge geht an der Baustelle vorbei und trifft dort drei Männer an, die Steine behauen. Da fragt der Junge den ersten der drei Männer, „Was machst Du hier?“ Der Mann antwortet mürrisch: „Das siehst Du doch, ich behaue einen Stein.“ Dann geht der Junge zu dem zweiten Mann und stellt ihn die gleiche Frage. Diesmal ist die Antwort, in einem neutralen Ausdruck, „Ich verdiene Geld für mich und meine Lieben.“ Als der Junge zu dem dritten Mann geht und ihn wieder die gleiche Frage stellt, antwortet der freudestrahlend: „Ich baue eine Kathedrale!“

Vielen, wenn nicht den meisten Menschen heutzutage geht es wohl so wie dem zweiten der drei Steinmetzen: sie gehen zur Arbeit, weil sie das Geld brauchen, das sie damit verdienen. Besser aber ist es, die eigene Arbeit wie der dritte Steinmetz zu sehen: als Teil einer großen, sinnvollen Aufgabe. Wer dies so empfinden kann, geht glücklicher und zufriedener durchs Leben. Da wird eben nicht nur „ein Stein behauen“ oder „Geld verdient“, sondern „eine Kathedrale gebaut“.

Das wird freilich nicht jedem gelingen. Vielleicht ist die Arbeit, die man tut, tatsächlich nicht Teil einer großen, sinnstiftenden Aufgabe. Ein Vegetarier etwa, der in einem Schlachthof jobbt, dürfte das Glücksgefühl des dritten Steinmetzen nicht erlangen, solange er sich keine andere Arbeit sucht. Es werden heute auch kaum noch Kathedralen gebaut. Das aber ist nicht der Punkt. Denn „eine Kathedrale bauen“ ist nur ein Sinnbild für eine sinnstiftende Aufgabe. Und es gibt eine sinnstiftende Aufgabe, die noch viel größer ist, als eine Kathedrale zu bauen. Diese Aufgabe besteht darin, die Welt zu retten, die Transformation zu einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise voranzubringen.

Und es gibt viele Möglichkeiten, dazu beizutragen. Das kann ganz handfest darin bestehen, Windkraft- und Solaranlagen zu installieren und zu warten, oder einen Biobauernhof zu bewirtschaften. Andere finden ihr Glück eher in einer forschenden oder beratenden Tätigkeit, oder einfach darin, von Lösungen und Projekten, die es bereits gibt, zu erzählen.

Solche Berufe finden sich in dem Buch „Mach’s zu Deinem Job!“ von Helene Flachsenberg, Wiebke Kubitza und Eva Jung (ISBN 978-3-522-30601-0).

Wer sich hiervon inspierieren lässt, findet möglicherweise leicht eine Tätigkeit, die ihn nicht nur ernährt, sondern vor allem auch Sinn vermittelt und dadurch glücklich macht.

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