Mobil statt Auto!

Mobilität & Logistik

Ein großes Problem, vor allem in den Städten und auf den Autobahnen, sind die riesigen Automassen, die von den Straßen nicht mehr bewältigt werden können. Das ist hinlänglich bekannt. Viel zu viele Menschen machen sich keine guten Gedanken darüber, wie sie dahin kommen, wohin sie wollen oder müssen, sondern steigen unreflektiert in ihr Auto, egal ob sie zur Arbeit, zum Supermarkt oder in den Urlaub fahren.

Eine Voraussetzung dafür, das Verkehrsmittel bewusster zu wählen, ist natürlich, dass es Alternativen zum Auto gibt. Da gibt es anscheinend noch Verbesserungsbedarf. Vor allem auf dem Land geht es oft nicht ohne Auto, weil Busse viel zu selten und oft zu unpassenden Zeiten fahren. Aber auch in den Städten lässt sich viel verbessern, zumal Linienbusse oft im Stau stecken bleiben.

Die Stadt der kurzen Wege

Ideal ist es, wenn die Wege zur Schule, zur Arbeit oder zum Einkaufen so kurz sind, dass man sie problemlos zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen kann. Denn der nichtmotorisierte Verkehr ist der umweltfreundlichste. Dies wird oft als „Stadt der kurzen Wege“ bezeichnet. Leider sind heutige Städte oftmals „Städte der langen Wege“, vor allem die wuchernden Einfamilienhaussiedlungen schneiden hier schlecht ab. Es ist eh ein Gebot der nachhaltigen Entwicklungsplanung, den Flächenverbrauch zu verringern. Hinzu kommt, dass eine Etagenwohnung weniger Heizenergie verbraucht als ein Einfamilienhaus, da sie weniger Außenwände aufweist und von ebenfalls beheizten Nachbarwohnungen umgeben ist.

Natürlich kann man niemandem zumuten, neben einer Fabrik zu wohnen, von der Lärm und andere Immissionen ausgehen, sei es von den Produktioneprozessen, sei es vond den LKW und Güterzügen, die Rohstoffe anliefern und Produkte abfahren. Aber in der heutigen Zeit verlagert sich die Wertschöpfung immer mehr auf Aktivitäten, die weniger Lärm und Dreck produzieren, und eine Verringerung von Immissionen ist eh geboten. Daher ist es an der Zeit, die städtebauliche Leitlinie der räumlichen Trennung der Funktionen Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit zu überdenken. Ein Beitrag zur Verkehrsvermeidung ist ferner das Home Office, das Arbeiten in der eigenen Wohnung. Was in Zeiten der COVID-19-Pandemie plötzlich möglich wurde, verringert den Berufspendelverkehr erheblich. Das Home Office bietet den kürzesten möglichen Weg zur Arbeit: man muss die eigene Wohnung nicht mehr verlassen.

In den Städten: Straßenbahnen und Bus Rapid Transit

In vielen Städten stoßen Linienbusse an ihre Grenzen. Sie sind oft überfüllt und bleiben nicht selten im Verkehrsstau stecken. Das ist vor allem in Großstädten ein Problem. Es müssen also leistungsfähigere öffentliche Verkehrsmittel her. Das muss aber nicht gleich die U-Bahn sein, die sehr teuer und nur für Millionenstädte geeignet ist. Es gibt vielmehr Lösungen, die leistungsfähiger sind als herkömmliche Linienbusse, aber bei weitem nicht so teuer wie U-Bahnen sind. Dies sind die Straßenbahn und der Bus Rapid Transit.

Moderne Straßenbahnen sind deutlich leistungsfähiger als Busse. Zwar herrschte nach dem Zweiten Weltkrieg die Denkweise vor, dass Busse flexibler und kostengünstiger seien, doch mittlerweile hat ein Umdenken begonnen. Bestehende Straßenbahnnetze werden modernisiert und ausgebaut, und in einigen Städten werden neue Straßenbahnnetze geplant und aufgebaut. Vor allen in Frankreich setzte in den 1980er Jahren ein regelrechter Straßenbahn-Boom ein.

Zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Straßenbahn tragen vor allem besondere Bahnkörper bei, bei denen die Straßenbahnschienen nicht mehr in den Fahrbahnen für den Autoverkehr, sondern beispielsweise im Mittelstreifen zwischen den Richtungsfahrbahnen verlegt werden. Solche Bahnkörper können als Rasengleise gestaltet werden, die so ein wenig mehr Grün in die Stadt bringen. Dazu ist freilich nicht überall Platz; wo der Straßenquerschnitt nicht ausreicht, muss sich die Straßenbahn den Verkehrsraum mit dem Autoverkehr teilen. Aber Ampelschaltungen können so optimiert werden, dass die Straßenbahn weitgehend freie Bahn hat. Es ist auch oft möglich, Straßenbahn- und Autoverkehr in verschiedeme, parallele Straßenzüge zu legen. Die Straßenbahn fährt dann auf Straßen, die sie nicht mehr mit dem Autoverkehr teilen muss, sondern für sich hat. In den Innenstädten können Straßenbahnen durch Fußgängerzonen fahren; im Stadtrandbereich lassen sich Straßenbahnen oft auch unabhängig vom Straßennetz trassieren.

Des weiteren ist es heute geboten, barrierefreie Zugänge zur Straßenbahn zu bieten. Dazu werden die Bahnsteighöhen der Fußbodenhöhe der Straßenbahnfahrzeuge angeglichen. Dies ist am besten mit Niederflurfahrzeugen zu bewerkstelligen. Dadurch können Personen mit Gehbehinderungen und Rollstuhlfahrer die Straßenbahn problemlos nutzen, aber auch für Personen ohne Gehbehinderungen wird dadurch das Ein- und Aussteigen schneller, bequemer und sicherer gemacht und so die Leistungsfärigkeit des Verkehrssystems verbessert.

Ferner kann man Verbindungen ins Umland knüpfen, indem man das Straßenbahnnetz mit dem Eisenbahnnetz verknüpft. Dabei nutzt man die Tatsache aus, dass Straßenbahn und Eisenbahn nach dem gleichen Prinzip funktionieren. So können Straßenbahnen auf dem Eisenbahnnetz ins Umland hinausfahren. So kann die Straßenbahn die Funktion einer S-Bahn übernehmen. Man nennt das Regio-Tram. Freilich steckt der Teufel im Detail, so dass sich das nicht überall problemlos umsetzen lässt. Stromsysteme, Bahnsteighöhen, Lichtraumprofile und z. T. auch Spurweiten von Straßenbahn und Eisenbahn sind unterschiedlich, und Stadt- und Regionalverkehr stellen unterschiedliche Anforderungen an die Fahrzeuge, etwa was das Verhältnis von Sitz- und Stehplätzen betrifft. Aber Beispiele wie Karlsruhe oder Kassel zeigen, dass das grundsätzlich funktioniert und erfolgreich ist.

Nun sind Straßenbahnen immer noch deutlich teurer als Busse, und kommen daher vor allem für Großstädte in Betracht. Man kann allerdings die meisten der obigen Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und des Komforts auch auf das System Linienbus anwenden. Man nennt das Bus Rapid Transit. Die Entsprechung zu besonderen Bahnkörper stellen Busspuren dar. Auch hier kann man Ampelschaltungen optimieren, um den Bussen Priorität einzuräumen. Niederflurfahrzeuge sind auch bei Bussen Stand der Technik. Und schließlich kann man die Busse auch problemlos auf Landstraßen ins Umland hinaus fahren lassen – das funktioniert noch problemloser als eine Regio-Tram. Solche Systeme ermöglichen es auch in kleineren Städten, einen komfortablen und leistungsfähigen ÖPNV anzubieten.

Zum klimafreundlichen ÖPNV gehört ferner die Umstellung der Busse von Diesel- auf Elektroantrieb. Ein für den Linienbusbetrieb besonders geeigneten Verfahren besteht im induktiven Laden der Bus-Akkus an den Endstationen der Buslinien. Eine andere Möglichkeit beteht in Brennstoffzellen mit grünem Wasserstoff als Brennstoff.

Auf dem Lande: Öfter Minibusse statt selten große Busse

Anders gelagert sind die Herausforderungen, die sich dem öffentlichen Personennahverkehr im ländlichen Raum stellen. Hier sind unzureichende Busangebote die Regel: es fahren nur wenige Busse täglich, und die oft zu unpassenden Zeiten. Wünschenswert wäre eine regelmäßige Bedienung, etwa im Stundentakt. Allerdings dürfte das Verkehrsaufkommen in den meisten Fällen nicht ausreichen, jede Stunde einen 12 Meter langen Standard-Linienbus auch nur halb voll zu bekommen.

Aber müssen die Busse so groß sein? Wo Standard-Linienbusse zu groß sind, bieten sich Minibusse an. Zwar ist es teurer, jede Stunde einen Minibus mit vielleicht 20 Sitzplätzen verkehren zu lassen, als nur dreimal täglich einen Standard-Linienbus – aber viel attraktiver!

Reisen: Die Bahn ist besser als ihr Ruf

Über die Bahn wird in Deutschland viel geschimpft. Verspätungen, Zugausfälle, Probleme mit Sitzplatz-Reservierungen und dergleichen sind nicht zu leugnen. Aber die Deutsche Bahn ist nach meiner Erfahrung besser als ihr Ruf. Zwar habe ich auf meinen Bahnreisen all diese Probleme schon erlebt, sie sind aber bei weitem nicht die Regel. Die meisten meiner Reisen waren unproblematisch und bequem, viel bequemer jedenfalls als Reisen mit dem Auto, bei denen man immer mit Staus auf den Autobahnen rechnen muss. Und Länder wie die Schweiz oder Japan zeigen, dass man vieles verbessern kann. Dazu sind zwar nicht unerhebliche Investitionen erforderlich, die aber sinnvoller sind als der Bau neuer Autobahnen.

Dabei darf man sich aber nicht allein auf schnelle Verbindungen zwischen Großstädten konzentrieren. Auch im Regionalverkehr sind Verbesserungen wünschenswert. Nicht überall in der Fläche gibt es verlässliche Taktfahrpläne. Des weiteren müssen Fern- und Regionalverkehr besser aufeinander abgestimmt werden, ebenso Bahn- und Busverkehr. Auf dem Lande sollten Buslinien so gestaltet werden, dass sie als Zubringer zu den Bahnhöfen attraktiv sind.

Park and Ride und Bike and Ride

Schließlich geht es darum, den öffentlichen Verkehr besser mit dem Individualverkehr abzustimmen, und zwar sowohl dem nicht motorisierten als auch mit dem motorisierten, auf den selbst beim besten öffentlichen Verkehrssystem wahrscheinlich nicht völlig verzichtet werden kann. Die Stichworte sind Park and Ride (Parkplätze an Bahn- und Busstationen, vor allem am Stadtrand) und Bike and Ride (gute, möglichst diebstahlsichere Fahrradabstellanlagen an solchen Stationen). Auch Fahrradverleihe an Bahnhöfen erlauben eine bessere Verknüpfung von öffentlichem und nichtmotorisiertem Verkehr.

Weblinks

Wikipedia: Bus Rapid Transit

Wikipedia: Renaissance der Straßenbahn

Kathrin Viergutz, Mobilitätsforscherin

Verkehrsclub Deutschland

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