Seit drei Jahren herrscht Krieg in der Ukraine – ein Konflikt, der schon lange vorher begann, seitdem der russische Diktatur Putin danach trachtet, die demokratische „Euromaidan“-Revolution rückgängig zu machen. Und verständlicherweise werden die Stimmen lauter, die ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen fordern.
Die völkerrechtliche Lage ist klar: Russland befindet sich im Unrecht, die Ukraine im Recht. Russland ist verpflichtet, alle besetzten Gebiete, einschließlich der Krim, zu räumen und Ersatz für allen angerichteten Schaden zu leisten. Die Ukraine tut nichts anderes, als ihr Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch zu nehmen, und es ist von daher legitim, sie dabei zu unterstützen. Das Einzige, worüber man verhandeln könnte, wären die Höhe der Reparationszahlungen an die Ukraine und das Strafmaß für Putin und seine Strategen.
Es stellt sich aber die Frage, ob es nicht besser sei, den Krieg einzufrieren, damit nicht noch mehr Menschen leiden und sterben. Das hieße: auch wenn sich an der Rechtslage nicht ändere, würden die von Russland annektierten Gebiete vorläufig in russischer Gewalt bliebe. Für solche eingefrorenen Konflikte gibt es Präzedenzfälle, wie etwa Zypern oder Georgien. Nicht immer ist es vernünftig, das Recht durchzusetzen, koste es was es wolle, und man kann ein Unrecht nicht mit einem anderen Unrecht aus der Welt schaffen.
Aber es stellt sich die Frage, ob ein solches Einfrieren des Krieges eine Eskalation auf Dauer verhindern würde, oder ob es den Konflikt nur verschärfen würde. In der Ukraine könnten militant nationalistische Kräfte an die Macht gelangen, die auf Revanche drängen, und Putin könnte das Einfrieren als Sieg verbuchen. Die Situation würde fatal an das „Münchener Abkommen“ von 1938 erinnern, das Hitler bekanntlich auch nicht davon abhielt, weitere Annexionen vorzunehmen, und den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nur um einige Monate verzögern konnte – und dem „Führer“ Zeit verschaffte, seine Kriegsvorbereitungen fortzusetzen. In ähnlicher Weise könnte Putin sich motiviert sehen, weitere Expansionen zu versuchen, und es würde ihm mehr Zeit für weitere Kriegsvorbereitungen verschaffen. Die Gefahr eines Krieges zwischen Russland und der Europäischen Union wäre nicht gebannt – im Gegenteil.
Ein Einfrieren des Ukraine-Krieges wäre also keine Lösung des Konflikts, sondern bestenfalls eine „Atempause“ für die Ukraine, die weiterhin einen Rechtsanspruch auf territoriale Integrität hätte. Eine Lösung des Ukrainekonflikts kann nur darin bestehen, dass Russland alle besetzten Gebiete an die Ukraine zurückgibt und Schadenersatz leistet. Das dürfte aber den Sturz Putins voraussetzen. Denn der russische Diktator hat sich in eine Falle manövriert, aus der er nicht mehr entkommen kann. Er muss den Krieg gewinnen, um nicht unterzugehen. Das macht eine Friedenslösung mit ihm an der Macht unmöglich. Damit will ich aber nicht dem Tyrannenmord das Wort reden, denn das funktioniert nur in den allerseltensten Fällen. Auch hier gilt: man kann ein Unrecht nicht mit Unrecht aus der Welt schaffen. Eine einfache, alle befriedigende Lösung gibt es leider nicht.